Sollte jedes Kind In der Schule programmieren lernen?

PLAN D Mitarbeiter:innen diskutieren

14. November 2022
Ebba Schröder

„Programmieren ist für Kinder wichtiger, als eine zweite Sprache zu lernen.“ Mit dieser These erregte Apple-Chef Tim Cook im vergangenen Jahr Aufmerksamkeit. Doch wie wichtig ist diese Fähigkeit wirklich? Auf welche Anforderungen sollten unsere Kinder vorbereitet werden? Und was kann das System Schule dabei leisten?

 

Als Berater:innen und Entwickler:innen, als Recruiter:innen, als Eltern und ehemalige Schüler:innen haben wir uns mit dem Thema auseinandergesetzt – und einige spannende Perspektiven zusammengetragen.

„Gebt allen die Chance, das Coden für sich zu entdecken“

Carolin Weber, HR-Managerin

Ich bin dafür, dass jedes Kind in der Schule programmieren lernt. Vor allem deshalb, weil ich mir dadurch mehr Diversität in der Tech-Branche erhoffe. 2021 lag der Frauenanteil in der IT-Branche in Deutschland bei 18 Prozent. Viel zu wenig! Das liegt auch daran, dass dem Informatikunterricht noch immer etwas „Nerdiges“ anhaftet, als sei er nur etwas für Zahlen- und Technikgenies. Davon lassen sich viele Schülerinnen abschrecken.

Zwar gibt es schon in einigen Bundesländern das (Wahl-)Pflichtfach Informatik, allerdings meist nur für bestimmte Jahrgangsstufen oder Schulformen. Und damit kommen wir zum zweiten Problem. Es kann nicht sein, dass nur ein Teil der Schüler:innen (oft die Gymnasiastinnen) – eine angemessene informationstechnische Ausbildung erhält. Die Digitalisierung betrifft uns alle! 

Ich fordere daher: Gebt allen Kindern über alle Bildungsformen hinweg die Chance, das Coden für sich zu entdecken. Und zwar nicht nur einmal im Jahr beim Girls Day oder anderen Aktionen, sondern schon ab der Grundschule jede Woche im Pflichtfach Informatik. Dann wird hoffentlich auch die Diversität in der Tech-Branche Stück für Stück größer.

„Man kann sich die Welt nicht nur rational erschließen“

Florian Titze, Data Scientist

Auch ich bin grundsätzlich dafür, Kindern das Coden beizubringen. Beim Programmieren lernt man, komplexe Sachverhalte auf ihre Essenz herunterzubrechen, Aufgaben zu strukturieren, Probleme zu lösen, Fehler als Chance zu erkennen. Alles Kompetenzen und Einstellungen, die wohl jede:r von uns gebrauchen kann – egal was man später einmal beruflich macht.

Abgesehen davon macht es einfach extrem viel Spaß, mit dem eigenen Code Dinge zu bauen, die dann tatsächlich funktionieren. Ob ich als Kind meinen Elektronik-Bausatz automatisiert habe oder jetzt bei PLAN D KI-Modelle baue – Programmieren hat mir immer die schönsten Erfolgserlebnisse beschert!

Trotzdem glaube ich, dass wir darauf achten müssen, die Fähigkeiten von uns Nerds nicht überzubewerten. Ich kenne Leute, die jedes Problem mit ihrer Programmierbrille betrachten, die versuchen, sich die Welt rein rational zu erschließen. Das reicht aber nicht. Ob im Privaten oder im Job, man darf sich nicht nur auf seine Ratio verlassen, sondern sollte immer den Kontakt zu sich selbst, zur eigenen Intuition behalten. 

Mein Wunsch an die Schulen ist also: Lehrt unsere Kinder das Coden, lasst sie Nerds sein. Aber bringt ihnen auch bei, über den Tastaturrand hinauszublicken.

„Es geht nicht darum, was wir lernen, sondern wie wir lernen“

Haiko Kaczmarek, Consultant Digital Innovation

Wenn wir von der Welt ausgehen, in der wir aktuell leben, und von dem Schulsystem, das wir nun mal haben, dann sage ich: Selbstverständlich sollte Programmieren in die Lehrpläne aufgenommen werden. Denn so wie Englischkenntnisse eine essenzielle Voraussetzung dafür sind, in unserer globalisierten Welt zurechtzukommen, so sind Programmierkenntnisse eine entscheidende Voraussetzung dafür, in der digitalisierten Welt zurechtzukommen.

Das Problem ist nur: Ich halte von unserem Schulsystem mit seinen strikten Lehrplänen nicht viel. Die Erkenntnisse der modernen Entwicklungspsychologie, der Lerntheorie und der Hirnforschung sagen uns schon lange, dass es viel wichtiger ist, die Neugier und Kreativität von Kindern zu fördern, als vorgefertigte Curricula herunterzuleiern. Dass Persönlichkeitsentwicklung bedeutsamer ist als eine gute Note in Mathe.

Ich bin mir absolut sicher: Wenn wir Schulkindern mehr Freiheiten geben, das zu lernen, was sie wirklich lernen wollen, dann werden etliche von ihnen sagen: Ich will verstehen, wie mein Smartphone funktioniert. Ich will wissen, warum Siri mit mir sprechen kann. Ich will coden lernen!

„Programmieren ist eine Grundfähigkeit wie Lesen, Schreiben und Rechnen“

Dirk Schmachtenberg, Managing Partner

Meiner Meinung nach gehört Programmieren neben Lesen, Schreiben und Rechnen zu den Grundfähigkeiten, die jedes Kind erlernen sollte. Aus folgenden Gründen .Erstens: Beim Programmieren lernt man, komplexe Herausforderungen in klar strukturierte Sachverhalte zu übersetzen. Das ist eine gute gedankliche Übung, die wir niemandem vorenthalten sollten. 

Zweitens: Schon jetzt herrscht in Deutschland ein akuter Fachkräftemangel und es ist nur eine Frage der Zeit, bis immer mehr Jobs durch Maschinen übernommen werden. Doch auch dann werden Menschen benötigt, nämlich solche, die diese Maschinen bauen, die sie anleiten und überwachen können.

Drittens: Auch wer kein Entwickler wird, sollte verstehen, wie die Technologie, die uns tagtäglich umgibt, funktioniert. Das gilt meines Erachtens für jede:n einzelne:n Smartphone-Nutzer:in. Und es gilt umso mehr, wenn man in einem Unternehmen wie PLAN D arbeitet.

Wenn ich als Consultant einen Prozess digitalisieren und automatisieren will, muss ich schließlich wissen, was technisch überhaupt möglich ist. Anders gesagt: Ich muss der Maschine die Möglichkeit geben, einen guten Job zu machen. Deshalb bekommen bei uns alle Mitarbeiter:innen die Chance, Python-Kurse zu machen. So können sie das, was sie in der Schule nicht gelernt haben, bei uns nachholen.

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